Volksschule – eine Schule für das Volk
Im Jahr 2012 wurde das Projekt Passepartout gestartet. Es war ein gutgemeintes Projekt aller an das Welschland angrenzenden Kantone, um das Französisch mehr zu fördern. In fast allen diesen Kantonen musste das Lehrbuch «Mille feuilles» obligatorisch verwendet werden und man begann mit dem Unterricht bereits ab der 3. Klasse.
Es dauerte nicht lange, bis Kritik an diesem Lehrmittel laut wurde. Lehrer, Eltern, Schulleitungen und Bildungspolitiker verlangten eine Aufhebung des Obligatoriums und die Möglichkeit, andere Lehrmittel nutzen zu können. Doch im Volksschulamt und den zuständigen Behörden gab es starken Widerstand gegen diese Forderungen. Man wollte unbedingt an diesem Monopol festhalten. Die Begründungen dazu waren vielfältig bis fragwürdig. Wörtlich sagte der Regierungsrat vor knapp vier Jahren in der Antwort auf meine Interpellation: «Es trifft nicht zu, dass die Lehrmittel untauglich sind, nur einzelne Aspekte sind umstritten» und er schrieb weiter: «Das Lehrmittel ist etabliert und eine Wahlfreiheit drängt sich deshalb nicht auf». Man verzögerte also weiter.
Nun aber doch die Kehrtwende. Es brauchte ganze zehn Jahre, bis die Verantwortlichen für die Bildung unserer Kinder zur Erkenntnis kamen, dass «Mille feuilles» doch nicht zum Französisch lernen taugt. Viele Schulen setzen nun bereits auf ein neues Lehrmittel.
Etliche Jahrgänge Kinder also, die zwar in die Schule gingen, unter anderem um eine unserer Landessprachen zu erlernen, nun aber völlig ernüchtert feststellen, dass sie nach sieben Jahren Schulfranzösisch kaum einen anständigen Satz hinkriegen. Lange Jahre hat man darauf hingewiesen, aber niemand wollte reagieren.
Wer nimmt nun eigentlich die Verantwortung dafür, dass viele Solothurner Kinder bewusst darum gebracht wurden, unsere zweitwichtigste Landessprache besser zu beherrschen? Kann man diese absolute Fehlleistung völlig ignorieren, ohne dass jemand zur Rechenschaft gezogen wird, obwohl zehn Jahre lang auf diese Fehlentwicklung hingewiesen wurde und uns das ganze unbrauchbare Passepartout-Projekt zu alledem noch 6,7 Mio. Franken gekostet hat?
Szenenwechsel:
Am 17.1. hat das Volkschulamt mit dem zuständigen Regierungsrat die Masken für Kinder ab der 1. Klasse angeordnet. Obwohl in anderen Ländern und selbst in anderen Kantonen bereits Lockerungen angekündigt wurden. Ohne jede einleuchtende Grundlage und mit fadenscheinigen Argumenten begründete das VSA diesen Entscheid im Wissen darum, dass dieser Eingriff auch hier gravierende Folgen für einige Schüler haben kann. Gemäss einer wissenschaftlichen Studie der Universität Witten/Hedecke (Deutschland) kann dies zu starken Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsschwierigkeiten, Müdigkeit bis hin zu Lernstörungen führen. Immerhin reagierte man hier bereits nach 3 Wochen und hob diesen fatalen Entscheid auch dank Druck von Lehrern, Schulleitungen, Eltern und Kantonsräten wieder auf. Es bleibt jedoch ein fahler Nachgeschmack. Die Verantwortlichen im VSA agieren zusehends selbstherrlich.
Mit seinen abgehobenen und fragwürdigen Entscheidungen schafft das VSA nicht gerade Vertrauen für die öffentliche Schule. Dies wäre aber sehr wichtig, wenn es, wie im neuen Volksschulgesetz angestrebt, seine Rolle als führende Bildungsinstitution im Kanton zementieren und eine Schule für das ganze Volk sein will.
Beat Künzli
Kantonsrat SVP