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Morgenrot oder „Händchenhalten“?

Unsere Nationalhymne sei verstaubt, sperrig, zu religiös, zu vaterländisch und „nicht mehr der Realität entsprechend“, ist die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) überzeugt. Und unserer bisherigen Hymne, dem Schweizerpsalm, mangle es an Akzeptanz in der Bevölkerung. Deshalb soll sie nun gebodigt und durch eine neue Hymne ersetzt werden, die „der heutigen Schweiz angemessen“ sei, mit mehr Freude und Begeisterung gesungen werden könne und auch der Integration diene.

Unsere Nationalhymne sei verstaubt, sperrig, zu religiös, zu vaterländisch und „nicht mehr der Realität entsprechend“, ist die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) überzeugt. Und unserer bisherigen Hymne, dem Schweizerpsalm, mangle es an Akzeptanz in der Bevölkerung. Deshalb soll sie nun gebodigt und durch eine neue Hymne ersetzt werden, die „der heutigen Schweiz angemessen“ sei, mit mehr Freude und Begeisterung gesungen werden könne und auch der Integration diene.

Kolumne von Kantonsrat Christian Werner im Oltner Tagblatt vom 2. Mai 2015

In einem Onlinevoting kann die Bevölkerung unter sechs Vorschlägen eine „moderne“ Alternative auswählen. Doch braucht die Schweiz überhaupt eine neue Nationalhymne? Und vermögen die vorgeschlagenen Alternativen zu überzeugen?

Wird der Schweizerpsalm tatsächlich ohne Freude und Begeisterung gesungen? Ich zumindest habe es immer wieder anders erlebt. Beispielsweise im vergangenen Jahr, als ich im militärischen Wiederholungskurs als Kompanie Kommandant spätabends mit vier Unteroffizieren im Dorfrestaurant an einem Tisch sass, um den einen unter ihnen nach langjährigem und verdientem Einsatz an seinem letzten Abend in Uniform bei einem Bier zu verabschieden, und kurz vor Mitternacht aus dem Radio im Hintergrund unverhofft der Schweizerpsalm ertönte. Wie die vier Unteroffiziere – gewöhnliche Bürger in Uniform – noch vor mir aufgestanden sind und kraftvoll, stolz und andächtig die Nationalhymne gesungen haben, wobei gerade derjenige, der keinen typischen Schweizer Namen trägt, seine Hand aufs Herz gelegt hat, werde ich nie mehr vergessen.

Sicherlich gibt es in unserem Land auch andere Menschen: Solche, bei denen unsere Hymne wenig Begeisterung auslöst. Und jene, die sowieso lieber die Internationale singen. Aber: Wie man – pauschal und undifferenziert – zum Befund gelangen kann, der Schweizerpsalm sei in der Bevölkerung schlecht akzeptiert, ist nicht nachvollziehbar. Ich machte – gerade bei der jüngeren Generation – andere Erfahrungen, und zwar nicht nur an militärischen Anlässen oder vor dem NLB-Playoff-Finale im Oltner Kleinholz.

Sperrig, vaterländisch, feierlich – genau so muss unsere Nationalhymne sein. Der Schweizerpsalm gibt dem wehrhaften, sperrigen und eigenständigen Wesen unseres Landes Ausdruck. Die Schweiz hat sich nicht aufgegeben, sie ertrinkt nicht im Abgrund der EU. Unser Land ist vielmehr frei, unabhängig und sperrig – und bleibt dies hoffentlich auch in Zukunft. Und: Dass der Schweizerpsalm einen religiösen Charakter hat und auf Gott Bezug nimmt, ist nicht etwa „unangemessen“, sondern entspricht unserem Land und seinen christlichen Wurzeln. Schliesslich beginnt die Bundesverfassung mit der Präambel „Im Namen Gottes des Allmächtigen“.

Im Vergleich zur archaischen Wucht des Schweizerpsalms kommen die Vorschläge für eine neue Hymne äusserst platt und dürftig daher: „Wir gehen Hand in Hand im Schweizerland“, „ich für dich und du für mich“, „lasst uns heute nehmen an den Händen und sie reichen auch den Fremden“ und ähnliches Gesäusel. Solche Verslein können es mit dem Gehalt und der Urkraft des Schweizerpsalms nicht aufnehmen. Deshalb lautet mein Fazit in Bezug auf eine neue Nationalhymne: Übung abbrechen!

 

Der Autor wohnt in Olten. Er ist Rechtsanwalt, Gemeinde- und Kantonsrat, Präsident der kantonsrätlichen Redaktionskommission und Vizepräsident der Justizkommission sowie Präsident der städtischen SVP.

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