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Fraktionserklärung: Der Regierungsrat darf sich alles erlauben, der Bürger nichts!

Die SVP- Fraktion des Kantonsrats erwartet vom Regierungsrat und den beteiligten Akteuren, dass sie endlich auf den Pfad eines Handelns zurückfinden, das der Verfassung, dem Gesetz und dem Prinzip der Transparenz verpflichtet ist, damit das Vertrauen in die Institutionen dieses Kantons wieder gestärkt wird. Damit die Bürgerinnen und Bürger unseres Kantons Solothurn nicht den Eindruck haben: Wir dürfen nichts, der Staat alles.

Liebe Bürgerinnen und Bürger
In der letzten Session haben wir das selten genutzte Instrument der Fraktionserklärung genutzt, um öffentlich auf einen grundsätzlichen Missstand hinzuweisen. Der äussere Anlass mag ihnen allen als gering erscheinen, vielleicht sogar als Peanut, die Haltung die dahinter steht, ist es nicht, und das Staats- und Rechtsverständnis, das dabei aufscheint, ist es schon gar nicht.

Zur Rekapitulation kurz die Fakten:

  • 13.11.2019: Kantonsrat Urs Unterlerchner reicht eine kleine Anfrage ein. Er habe gehört, dass LEBO Entschädigungen ohne rechtliche Grundlage ausbezahlt wurden.
  • 26.11.2019: Der Regierungsrat bestätigt das Gerücht. Er bestätigt auch die Existenz von 5 amtlichen Dokumenten, die das Gerücht belegen. U.a. Auszahlungsbelege und ein Gutachten.
  • 12.02.2020: Kantonsrat Rémy Wyssmann stellt gestützt auf das InfoDG ein Datenherausgabegesuch und verlangt die Herausgabe der 5 amtlichen Dokumente.
  • 25.02.2020: Die Staatskanzlei schreibt Kantonsrat Wyssmann, dass die Staatskanzlei zuständig ist.
  • Es passiert nichts.
  • 22.04.2020: Kantonsrat Wyssmann leitet bei Frau Petermann (Beauftragte für Information und Datenschutz) ein Schlichtungsverfahren nach InfoDG ein.
  • 01.05.2020: Die Amtsstelle von Frau Petermann bestätigt den Eingang des Schlichtungsgesuches vom 22.4.2020 und fordert den Regierungsrat auf, Kantonsrat Wyssmann zu antworten.
  • Es passiert nichts. Über ein Jahr lang!
  • 31.05.2021: Frau Petermann teilt Kantonsrat Wyssmann per Mail mit, dass ihre Anfragen an den Regierungsrat trotz mehrfachem Nachfragen nicht beantwortet wurden.
  • 05.06.2021: Die Schweiz am Wochenende berichtet über das monatelange Verschleppen des Gesuches durch den Regierungsrat. Titel: «Hohe solothurnische Verhüllungskunst».
  • 02.07.2021: Die Solothurner Zeitung macht publik, dass das Strafverfahren gegen die Entscheidungsträger in den Amtsstuben still und heimlich eingestellt wurde.
  • 06.07.2021: Die SVP verliest im Kantonsrat ihre Fraktionserklärung.
  • Es passiert weiterhin nichts.

Wir stellen also fest:
Ein Bürger – der wie Sie wissen auch ein Kantonsrat ist – will fünf amtliche Dokumente einsehen – Dokumente im Zusammenhang mit Leistungsboni, die ohne rechtliche Grundlage gewährt worden sind. Seit bald 1 1/2 Jahren wird das Datenzugangsgesuch dieses Bürgers verschleppt.

Im Öffentlichkeit- und Datenschutzgesetz steht klipp und klar, dass Dokumente «so rasch als möglich» herauszugeben sind. Selbst wenn in diesem Fall die Datenherrschaft zu klären ist und mehrere Stellen in diese Klärung involviert sind: Auch hier kann «so rasch als möglich» nicht heissen, dass man mehr als 2 Monate braucht.

Damit wird in wiederholter Weise gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit verstossen. Dieses Verhalten ist verfassungswidrig, denn in der Verfassung steht sehr weit oben, nämlich in Art 5, dass alle die öffentliche Aufgaben wahrnehmen, sich an Verfassung und Gesetz zu halten haben. Und dem Regierungsrat kommt darin eine besondere Funktion zu, denn er ist nach Art. 77 unserer Verfassung die oberste vollziehende Behörde des Kantons.

Wie will aber der Regierungsrat von seinen Bürgern Gesetzestreue erwarten und verlangen, wenn er selber sich einen Deut um Verfassung und Gesetz kümmert?

Verstossen wird gegen ein weiteres verfassungsmässiges Prinzip: Das Öffentlichkeitsprinzip, das in Art. 11 der Verfassung festgehalten ist. In gut einem Jahr möchten wir eigentlich das 20-Jahr Jubiläum der Einführung dieses Prinzips feiern. Zu feiern gibt es aber da aus unserer Sicht nicht viel.
Denn Verfassungstext und Verfassungswirklichkeit klaffen nicht nur auseinander. In diesem Fall stehen sie einander diametral gegenüber. Und die oberste leitende und vollziehende Behörde des Kantons betreibt eine barocke Kabinettspolitik, bei der es müffelt und nach Staub und abgestandenem Puder riecht.

Wenn man sieht, wie das Gesuch hin und hergeschoben wird, mutet das Ganze schon fast kafkaesk an. Wie im Roman «Das Schloss» undurchschaubarer bürokratischer Apparat, jeden Einzelnen der Einwohner kontrollierend, dabei selber unnahbar und unerreichbar.

Wie will aber der Regierungsrat Vertrauen bei seinen Bürgern schaffen, wenn er sich mit allen Mitteln gegen Transparenz stemmt? Wer nichts zu verbergen hat, wer gut regiert, müsste doch Transparenz begrüssen.

Schliesslich wird auch gegen das Prinzip der Rechtsgleichheit nach Art. 7 der Verfassung verstossen, gemäss dem alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Hier richten wir uns an die Strafverfolgungsbehörden. Mit Erstaunen haben wir vernommen, dass das Strafverfahren in dieser Sache still und heimlich eingestellt worden ist. Wir kennen die Gründe nicht, aber wir stellen uns Fragen. Der Leistungsbonus wurde über Jahre entweder widerrechtlich gewährt durch die vorgesetzte Person oder widerrechtlich ausbezahlt durch eine andere Person. Ein deliktisches Verhalten ist damit in jedem Fall gegeben, eine Einstellung damit nicht möglich.

Wie will man aber das Rechtsvertrauen der Bürger erhalten, wenn ruchbar wird, das vor den Strafverfolgungsbehörden nicht alle gleich sind, dass Magistratspersonen und Verwaltungskader offensichtlich vor einer Strafverfolgung geschützt sind? Und wie wollen wir das Vertrauen in unsere Institutionen erhalten, wenn die Strafverfolgungsbehörden offensichtlich desinteressiert sind an der Aufklärung deliktischen Verhaltens in der Verwaltung?

Und überhaupt: wie will man das Verfahren einstellen, wenn man genau weiss, dass die damalige Regierungsrätin überhöhte Leistungsboni mit ihrem eigenen Visum ausgelöst hat?

Welches Bild erhält der Bürger von diesem Staat und seinen Exponenten?

  1. Der Staat hält sich nicht an Gesetz und Verfassung. Obwohl er selber dies von seinen Bürgern
    erwartet.
  2. Das Parlament und einzelne Parlamentarier werden systematisch in ihren Kontroll- und
    Aufsichtsfunktion behindert, dies offensichtlich von höchster Stelle.
  3. Das Vertrauen in das rechtmässige Handeln der Institutionen ist nicht mehr voraussetzungslos
    gegeben.

Die SVP- Fraktion des Kantonsrats erwartet deshalb vom Regierungsrat und den beteiligten Akteuren, dass sie hier endlich auf den Pfad eines Handelns zurückfindet, das der Verfassung, dem Gesetz und dem Prinzip der Transparenz verpflichtet ist. Damit das Vertrauen in die Institutionen dieses Kantons wieder gestärkt wird. Damit die Bürgerinnen und Bürger dieses Kantons nicht den Eindruck haben: sie dürfen nichts, der Staat alles.

Roberto Conti, Kantonsrat und Fraktionschef SVP, Bettlach

> Sessionsrückblick Nr. 2
Fortsetzung folgt
Für Rückfragen: Rémy Wyssmann
Kantonsrat SVP, T 079 695 80 84

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